21. Oktober 2013

Was sind außer­ge­wöhn­liche Belas­tungen?

In dem Einkom­men­steu­er­recht spielen außer­ge­wöhn­liche Belas­tungen eine wich­tige Rolle. Dieser Artikel gibt Ihnen einen Über­blick, was außer­ge­wöhn­liche Belas­tungen sind und wie sie sich auswirken

Gesetz­liche Defi­ni­tion Außer­ge­wöhn­liche Belas­tungen liegen nach der gesetz­li­chen Defi­ni­tion vor, wenn „einem Steu­er­pflich­tigen zwangs­läufig größere Aufwen­dungen als der über­wie­genden Mehr­zahl der Steu­er­pflich­tigen glei­cher Einkom­mens­ver­hält­nisse, glei­cher Vermö­gens­ver­hält­nisse und glei­chen Fami­li­en­stands erwachsen“.

Aufwen­dungen sind alle beim Steu­er­pflich­tigen abflie­ßenden Güter, die in Geld oder Geldes­wert bestehen. Es handelt sich also ausschließ­lich um Ausgaben. Entgan­gene Einnahmen zählen also nicht dazu. Bei den Aufwen­dungen darf es sich nicht um Werbungs­kosten, Betriebs­aus­gaben oder Sonder­aus­gaben handeln.

Die Aufwen­dungen sind zwangs­läufig entstanden, wenn der Steu­er­pflich­tige sich ihnen aus recht­li­chen, tatsäch­li­chen oder sitt­li­chen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwen­dungen den Umständen nach notwendig sind und einen ange­mes­senen Betrag nicht über­steigen.

Beispiele für außer­ge­wöhn­liche Belas­tungen Die gesetz­liche Defi­ni­tion ist sehr schwammig, sodass sich der Begriff der außer­ge­wöhn­li­chen Belas­tungen am besten an Beispielen erklären lässt. Viele Urteile haben dazu geführt, dass Einzel­fälle kaum auf der Ausle­gung der gesetz­li­chen Defi­ni­tion bewertet werden können. Zu den außer­ge­wöhn­li­chen Belas­tungen können zählen:

  • Krank­heits­kosten: Arzt­kosten, Fahrtkos­ten, Zuzah­lungen für Medi­ka­mente, soweit die Leis­tungen nicht von der Kran­ken­kasse über­nommen werden. Auch Aufwen­dungen zur Heilung gesund­heit­li­cher Schäden infolge des Miss­brauchs von Alkohol und sons­tiger Drogen gehören zu den Krank­heits­kosten.
  • Kosten einer Geburt für Arzt, Kran­ken­haus oder Arznei­mittel.
  • Unmit­tel­bare Bestat­tungs­auf­wen­dungen (Sarg, Blumen­kränze, Druck­sa­chen, Anzeigen, Grab­stätte, Grab­stein, Gebühren und Beer­di­gungs­kosten), nicht Trau­er­klei­dung und Gäste­be­wir­tung.
  • Aufwen­dungen für eine künst­liche Befruch­tung, die einem Ehepaar zu einem gemein­samen Kind verhilft, das wegen der Empfäng­nis­un­fä­hig­keit der Ehefrau sonst nicht gezeugt werden könnte.
  • Behin­de­rungs­be­dingte Aufwen­dungen.
  • Aufwen­dungen für die Wieder­be­schaf­fung von Hausrat und Klei­dung als Folge eines Dieb­stahls. Die Wieder­be­schaf­fung von Klei­dungs­stü­cken, die dem Steu­er­pflich­tigen auf einer Urlaubs­reise entwendet wurden, gehört hingegen nicht zu den außer­ge­wöhn­li­chen Belas­tungen.
  • Eheschei­dungs­kosten wie die mit dem gericht­li­chen Schei­dungs­ver­fahren zusam­men­hän­genden Gerichts- und Anwalts­kosten.
  • Aufwen­dungen zur Vermei­dung gesund­heit­li­cher Schäden infolge von Form­aldehyd- und Holz­schutz­mit­tel­aus­ga­sungen sowie Asbest­fa­sern.
  • Pfle­ge­kosten infolge der eigenen Pfle­ge­be­dürf­tig­keit.
  • Aufwen­dungen im Zusam­men­hang mit einem medi­zi­nisch oder sozial indi­zierten Schwan­ger­schafts­ab­bruch.

Keine außer­ge­wöhn­li­chen Belas­tungen sind hingegen:

  • Öffent­lich-recht­liche Abgaben wie Grund­steuer.
  • Aufwen­dungen für die alters­be­dingte Unter­brin­gung in einem Alters­heim.
  • Aufwen­dungen für die Baby­aus­stat­tung bzw. Säug­lings­aus­stat­tung.
  • Scha­dens­be­sei­ti­gungs­kosten, die durch Baumängel verur­sacht worden sind.
  • Betrugs­ver­luste.
  • Kosten für die Eheschlie­ßung.
  • Aufwen­dungen für die Bewir­tung bei einer Tauf­feier.
  • Aufwen­dungen für eine Schim­mel­pilz­be­sei­ti­gung.
  • Kosten eines Tier­arztes für die Behand­lung von Tieren.
  • Durch einen Unfall verur­sachte Aufwen­dung.

Zumut­bare Belas­tung Von den Aufwen­dungen ist eine zumut­bare Belas­tung abzu­ziehen. Die Bemes­sungs­grund­lage der zumut­baren Belas­tung richtet sich nach der Höhe des Gesamt­be­trags der Einkünfte und dem Fami­li­en­stand. Weiter ist die Zahl der im Veran­la­gungs­zeit­raum zu berück­sich­ti­genden Kinder von Bedeu­tung. So beträgt die zumut­bare Belas­tung bei einem Gesamt­be­trag der Einkünfte bis 15.340 Euro bei einem Ledigen ohne Kinder 5 % des Gesamt­be­trags der Einkünfte. Hat dieser Steu­er­pflich­tige jedoch ein Kind, sinkt der Eigen­an­teil auf 2 %. Je nach Fami­li­en­stand und der Höhe des Gesamt­be­trags der Einkünfte reicht die zumut­bare Belas­tung von 1-7 % des Gesamt­be­trags der Einkünfte.

Wirkung der außer­ge­wöhn­li­chen Belas­tungen Die außer­ge­wöhn­li­chen Belas­tungen werden in Höhe des Teils der Aufwen­dungen, der die zumut­bare Belas­tung über­steigt, vom Gesamt­be­trag der Einkünfte abge­zogen.

Exkurs: Prozess­kosten als außer­ge­wöhn­liche Belas­tungen Die Frage, ob Prozess­kosten außer­ge­wöhn­liche Belas­tungen sind, beschäf­tigt die Finanz­ver­wal­tung und die Finanz­ge­richte schon seit mehreren Jahren.

Der Bundes­fi­nanzhof hat in 2011 seine Recht­spre­chung zugunsten der Steu­er­pflich­tigen geän­dert und bestimmt, dass Zivil­pro­zess­kosten außer­ge­wöhn­liche Belas­tungen sein können, wenn die beab­sich­tigte Rechts­ver­fol­gung oder -vertei­di­gung die hinrei­chende Aussicht auf Erfolg bietet, einen ange­mes­senen Betrag nicht über­schreitet, aus der Sicht eines Dritten nicht mutwillig erscheint. Die Finanz­ver­wal­tung hat diese posi­tive Recht­spre­chung jedoch nicht ange­wendet.